Plötzlich ist er da - der herbstliche Geruch von Pilzen. Und Sie? Reisen direkt mit ihm in Ihre Kindheit. Spaziergänge im Wald, der Großvater, der Ihnen die Pilzsorten erklärt, die Großmutter, die auf die Ausbeute für das Abendessen wartet: Der Geruch von sorgenfreien Ferien und Geborgenheit. Zum 3. Oktober begeben wir uns auf Duftreise in die Vergangenheit, denn dieser Tag ist ein besonderer. Es ist der Tag der deutschen Einheit, ein nationaler Feiertag und kaum ein anderer Tag löst so viele Erinnerungen und Emotionen aus wie er. Zu diesem Anlass haben wir uns gefragt, wie funktioniert eigentlich unser Gedächtnis und warum lösen besonders Düfte Erinnerungen aus?
Dufte Erinnerung
Beim einen ist es der Geruch von Waldpilzen, beim anderen löst der Duft von frischer Wäsche ein Gefühl der Geborgenheit aus. Nein? Wie wäre es dann mit dem Aroma von frischem Popcorn, was Sie an Ihre Jugendliebe erinnert oder doch lieber das erste Ferienlager und der Duft von Sonnencreme auf der Haut? Sie merken schon – Düfte wecken Erinnerungen und lösen Emotionen aus. Dahinter steckt eine mysteriöse Verknüpfung in unserem Gehirn.
Der Proust-Effekt
Kaum ein anderer Reiz katapultiert uns derart rasant in die eigene Vergangenheit wie ein Duft. Die Wissenschaft spricht in dem Zusammenhang vom Proust-Effekt. In seinem Werk „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ schickt der französische Schriftsteller Marcel Proust seinen Protagonisten auf Erinnerungsreise. Als dieser nämlich frischgebackende Madeleines riecht und sie in seinen Tee tunkt, erinnert er sich plötzlich an seine Kindheit. Kein Wunder, denn kaum ein anderer Sinn ist derart eng mit dem Gehirn verknüpft, wie der Geruchssinn.
Trifft ein Duftreiz auf die Riechschleimhaut mit ihren zahlreichen Duftrezeptoren, docken sofort bestimmte Duftmoleküle an. Die Rezeptoren senden einen Impuls direkt ans limbische System – der Bereich im Gehirn, der auch für unsere Emotionen und unsere Erinnerung zuständig ist. Ein Duft ist also die unmittelbare Verbindung zu unser Gefühls- und Gedächtniswelt.
Unser Gedächtnis
Wie unser Gedächtnis funktioniert war lange ein Rätsel, was erst nach und nach gelüftet wird. Fest steht mittlerweile, dass es nicht nur einen Ort im Gehirn gibt, wo Erinnerungen gespeichert sind, sondern mehrere. Noch dazu kommen zwei Gedächtnisarten. Im Kurzzeitgedächtnis werden Gedanken oder Ereignisse für Sekunden oder Minuten gespeichert. Wenn sie wichtig genug sind, wandern sie danach in das Langzeitgedächtnis. Dabei sind zwei Regionen besonders aktiv - der Hippocampus und die Amygdala. Der Hippocampus übernimmt die Informationen, die von den Sinnesorganen, also auch der Nase, kommen und die Amygdala ordnet sie emotional ein und entscheidet über die Relevanz der Erinnerung. Grundsätzlich gilt: Je emotionaler die Erinnerung, desto eher wird sie sie dauerhaft gespeichert.
Der Duft der Vergangenheit
Emotionen, Erinnerungen, Eindrücke – all das ist also eng miteinander verknüpft. Unsere Sinne sind die Bindeglieder dazwischen. Der Geruchssinn nimmt durch seine direkte Verbindung zum Gehirn, die wichtigste Rolle ein. Die amerikanische Geruchsforscherin Rachel Herz hat in einer Studie herausgefunden, dass Erinnerungen, die mit Gerüchen verbunden sind, länger gespeichert werden als andere. In der Evolution hatte das durchaus einen praktischen Nutzen, denn Gerüche können auch Warnungen sein. Denken Sie nur an verdorbenes Fleisch oder Brandgeruch. Oder denken Sie besser an etwas Schönes. Nutzen Sie diesen erinnerungsträchtigen Tag für eine persönliche Reise in die Vergangenheit und lassen Sie Ihre duftigen Erinnerungen aufleben.
